Bleibt auf dem laufenden und folgt future-green-family.de
Future green family ist der do it yourself (DIY) Blog aus Berlin, auf dem sich alles ums Weltverbessern dreht und wie jeder das ein kleines bisschen in seinem Alltag umsetzen kann: reduce, re-use, recycle.
Wenn ihr Fragen oder Ideen habt, kontaktiert uns gerne:
Naletho@future-green-family.de
29.12.2018
Dieser Beitrag enthält Werbung.
Allein bei dem Wort „Stoffwindeln“ und „Windelfrei“ scheint es Vielen kalt den Rücken runter zu laufen. Ein leichter Zug von Ekel legte sich auf manches Gesicht meiner Gesprächspartner, denen ich auf Nachfrage erzählte, dass wir mit Stoff windeln. Außerdem können Babys ihre Blase doch gar nicht kontrollieren, oder? Mein Eindruck ist, dass diese Vorurteile bei uns in Westeuropa sehr weit verbreitet sind und oft dazu führen, dass Pampers und Co. von Anfang an favorisiert werden, ohne sich weiter mit der Thematik zu befassen – was ich sehr schade finde. Wie hat es die Windel-Großindustrie nur geschafft innerhalb von knapp 50 Jahren unsere Jahrtausende währenden Wickel- und Trockenwerde-Methoden fast vollständig zu verdrängen? Sollten wir das einfach so als zeitgemäß hinnehmen oder gibt es vielleicht auch Gründe die gegen „Chemiewindeln“ sprechen? Wie sieht es woanders auf der Welt aus?
Pampers – Pro und Contra
Wickeln mit Pampers oder ähnlichen Konkurrenzprodukten dürfte heute wohl als der „Standard“ angesehen werden in den westlichen Industrienationen. Wie so oft erscheint es einfach angenehm und bequem Dinge nach ihrer Benutzung dem Mülleimer bzw. der Verbrennungsanlage übergeben zu können. Problem gelöst, oder? Und hier noch einige weitere Pro-Pampers-Argumente, die ich öfter schon gehört habe:
Fallen euch noch ein paar Argumente für die Pro-Seite ein? Gerne in den Kommentaren hinzufügen!
Auch wenn mir mit meinen Erfahrungen jetzt einige Argumente auf der Zunge liegen, mit denen ich viele der Punkte entkräften möchte, halte ich mich an dieser Stelle zurück und komme erstmal zur offensichtlichsten Kehrseite der „Pampers“-Medaille:
Das Müllproblem
In Deutschland wird die Entsorgung der Wegwerfwindel (im Folgenden als WWW abgekürzt) in der Restmüll- oder Hausmülltonne empfohlen, teilweise stellen die städtischen Müllentsorger auch extra Windeltonnen zur Verfügung, da sonst der Rest-/Hausmüll sich zu schnell füllt. Dieser landet dann (hoffentlich) in Verbrennungsanlagen, die im besten Fall Strom oder Fernwärme produzieren. So werden in der BRD pro Jahr etwa 340 000 Tonnen Windelmüll entsorgt (Quelle: link ). Nehmen wir mal an ein Wickelkind braucht im Schnitt 5 Windeln pro Tag (als Säugling mehr, später weniger), macht auf 2 Wickeljahre 3650 Windeln. Hier mal ein optischer Vergleich: Hier wurde angenommen, das bereits 3800 Windeln im ersten Lebensjahr verbraucht wurden, was etwa 10 Windeln pro Tag entspricht, was ich für etwas hoch angesetzt halte, aber dennoch ist der „Berg“ beeindruckend vor allem im Vergleich zu der, wie ich finde doch sehr üppigen Stoffwindelausstattung (wir haben 18 Windeln). Zumal die WWW hier ja noch „unbefüllt“ sind.
Übrigens: Auch nach der Verbrennung von Restmüll bleiben Rückstände wie Schlacke oder Gifte, die entweder energieaufwendig aufbereitet oder auf Deponien gelagert werden müssen – mal abgesehen von der zu erwartenden Gift-/Rauchgas inklusive CO2-Entwicklung. Erschwerend kommt hinzu: in vielen europäischen und erst recht nicht-europäischen Ländern gibt es so etwas wie feste Mülltrennung noch nicht flächendeckend oder auch einfach nicht. Ergo landen Millionen von WWW auf Mülldeponien, wo sie dann etwa 300-500 Jahre brauchen bis sie abgebaut sind.
Apropos andere Länder: Die Hauptkonsumenten von WWW sind nach wie vor die westlichen Industrienationen. Allerdings reiben sich Großinvestoren schon ihre Hände, denn auch China, wo z.Z. noch etwa nur 6% der Kinder mit WWW groß werden (Quelle: link ), aber auch andere Schwellen- und Entwicklungsländer wollen dem westlichen Lebensbild nachstreben - inklusive der WWW. Der noch zu erschließende Markt ist also gigantisch, der noch zukünftig wachsende und hunderte von Jahren zu verrottende Windelberg ebenso.
Wieso das eigentlich? Sind die nicht aus Cellulose oder Baumwolle? Nein, sind sie nicht! Sonst wären sie ja nicht wasserdicht. Extra als kompostierbar ausgeschriebene Ökowindeln seien hiervon mal ausgenommen. Eine Frechheit übrigens auch, wie schwer es ist herauszufinden, woraus Pampers (oder andere WWW) bestehen. Lest selbst: link Na? Schlau geworden? Ich liebe solche Worte wie „Polyesterschicht mit Baumwolleigenschaften“ oder „baumwollähnliche Verbundstruktur“. Da wird suggeriert, dass es sich um einen „biologisch“ abgeleiteten Stoff handelt, das muss ja ökologisch verträglich und hautfreundlich sein. Mal abgesehen vom superabsorbierenden Gelkern.
Übrigens, wer genau hinschaut liest Folgendes auf der Pampers Verpackung: Bitte Stuhl in der Toilette entsorgen. Eigentlich logisch, Fäkalien gehören nun einmal zur sachgerechten Entsorgung in die Kanalisation, damit sie im Klärwerk ausgeschlemmt werden können und nicht unser Grundwasser belasten. Es gab da mal so düstere Zeiten im Mittelalter, aber das ist ein anderes Thema. Aber seien wir ehrlich, wer macht das wirklich, die Rückstände aus der WWW in die Toilette geben?
Fazit – und ich hoffe, da gibt es keine Zweifel – WWW haben eine schlechte Ökobilanz, zumal wir den Herstellungsprozess hier noch gänzlich außer Acht gelassen haben.
Obschon vielen Menschen der Umweltaspekt schlichtweg egal ist, so kommen wir doch alle an einem Punkt wieder zusammen, nämlich wenn es um‘s liebe Geld geht. Und gerade wir Deutschen sind ja weithin bekannt als pedantische Rechenkünstler und Sparfüchse, oder? Womit wir beim zweiten Punkt auf meiner Contra-WWW-Liste ankommen:
Die Kosten.
Ich will hier auch gar nichts selber vorrechnen, das hat schon der liebe Volker von WindelManufaktur.de getan und das sehr ausführlich, wie ich finde. Hier der Link für alle, die bis jetzt noch nicht dran geglaubt haben: link
Womit ich nun zum letzten Teil meiner Contra-WWW-Liste angelange: Es gibt einfach
Gute Alternativen
Ja, es gab Zeiten ohne WWW und ja, die Menschheit hat sie überlebt. Sicher ist die Handhabung einer Stoffwindel oder das Betreiben von Windelfrei eine Umstellung, aber das bedeutet nicht, dass es nicht machbar ist und sollte es nicht wenigstens einen Versuch wert sein, wenn es so viele Vorteile gibt:
Bei Stoffwindeln:
Hier nur einige interessante Links zum Lesen und Stöbern: link link2
bei Windelfrei:
In China tragen Babys und Kleinkinder traditionell den Kaidangku (Schlitzhose).
In Kamerun setzen Mütter ihr Kind auf ihre Füße, wenn Sie merken, dass ihr Kind muss und ermuntern es mit Lauten.
Mehr Einblicke in das Leben Babys anderer Kulturen dieser Welt liefert dieses wunderbare Buch "Babys in den Kulturen der Welt" von Béatrice Fontanel und Claire d'Harcourt, erschienen im Gerstenbergverlag link
Ich glaube nicht an eine 1:1-Übertragung, aber der ungezwungene Umgang dieser Kulturen mit dem Thema beeindruckt mich sehr. Sicher können wir uns da einiges Abschauen und einfach entspannter werden.
Und für alle, die lieber ein Video zum Thema sehen wollen hier ein Link zu einer tollen ARTE-Doku: link
Traut euch und probiert es aus!
erstellt von Mama
Unser kleiner Racker liebt sein Töpfchen und genießt seine "Töpfchen-Zeit" jeden Morgen sehr, selbst hier im Urlaub.